Kerstin freut sich sehr darüber, dass ich ein richtiger „Otter“ bin – so ruft sie mich manchmal und ist fasziniert von meinen geschickten Schwimmbewegungen, wie ich mit meiner Rute lenke und Sachen aus dem Wasser fische.
Im Wasser bin ich wirklich geschickt, und ich bade sehr gern. Ich bin ein sehr schneller Schwimmer, echt ein Seehund! Mit Kerstin zusammen ist das Schwimmen auch schön. Am Hundestrand kommt sie dann auch mal mit mir ins Wasser, auch wenn es für sie gar nicht so einfach ist.
In Plau, hier am kleinen Jachthafen, ist direkt gegenüber von unserem Haus die Slipanlage. Hier gehen die großen und kleinen Schiffe ins Wasser. Von unserer Terrasse aus habe ich alles im Blick. Neben Assistenzhund bin ich hier auch Hafenmeister.
An Land bin ich nicht ganz so schnell. Ok, da ich bin eher der gemütliche Typ, ich laufe nicht neben ihr her, ich gehe. Also maximal 6,5 km/h, wenn wir eine halbe Stunde mit dem Zuggerät unterwegs sind. Fährt Kerstin schneller, lasse ich mich kurz und nur manchmal zu einem buckligen Galopp überreden. Kerstin beschwert sich trotzdem bei mir, dass ich so lahm bin, und meint, das sie das Handbike bei meinem „Speed“ gar nicht aus dem Schuppen zu holen bräuchte.
Ok, dafür genießen wir beide die langen Waldspaziergänge mit dem Zuggerät durch das Naturschutzgebiet nahe Buchholz, unserer ersten Heimat, und, ganz ehrlich, Kerstin tut meine Entschleunigung ganz gut. Sie steht oft echt unter Strom, hat viel um die Ohren, und da ist so ein gechillter Typ wie ich an ihrer Seite Gold wert. Ich brächte sie runter, sagt sie.
Meine Aufgaben erledige ich ganz gut. Meistens schmeißt sie dusselig irgendwelche Sachen runter. Da bin ich dann parat. Sie ist manchmal echt ungeschickt, aber das ist dann ja mein Job: Dinge aufheben. Mein besonderer Service für sie ist natürlich auch immer das Öffnen der Haustür, wenn wir zu einer Gassirunde aufbrechen oder das Haus verlassen. Ehrensache!
Ich begleite sie gern, wenn sie mit Freunden ein Restaurant besucht oder einen Kaffee trinken geht.
Darin bin ich gut, da gehöre ich einfach dazu. Auch beim Basketball bin ich gerne mal Zuschauer und zu Kunstausstelllungen nimmt sie mich auch gerne mit. In Plau bin ich auch immer bei der Ergotherapie dabei – da musste sie anfangs ein bisschen für mich kämpfen, aber nun läuft es dort gut, und Kerstins Therapeutin findet mich jetzt auch echt ok. Kerstin hat mich sehr gern bei allen ihren Aktivitäten dabei.
Hier in Plau führen wir so bisschen ein Lotterleben. Schönes Wetter und unmittelbar am See wohnen, was will man mehr? Kerstin hat hier die tolle Aufgabe, Patienten der hiesigen Reha-Klinik ans Segeln heranzuführen. Wir bekämen alle ins Boot, sagt sie, ob mit oder ohne Handicap. Segeln sei für alle etwas. Sie freut sich immer sehr, wenn die Leute mit einem Strahlen im Gesicht wieder an Land kommen. Manchmal ist es das erste schöne Erlebnis nach einem schweren Unfall oder einer Krankheit. Ich freue mich dann auch immer mit.
„Segeln verbindet“ steht auf dem Logo ihres Segelvereins „Plauer-Hai-Live e.V., und was soll ich euch sagen, ich verbinde auch. Ich bin der „Türöffner“. Neulich war ich mit Kerstin in der Reha-Klinik, um die Patienten dort fürs Segeln zu begeistern. Doch die haben sich erst mal für mich begeistert (ich bin ja auch ein toller Typ …), bevor Kerstin dann alle Register mit ihrer Segelei ziehen konnte. Ich bin ja auch der Meinung, die Patienten kommen meinetwegen in den Hafen und nicht um zu segeln. Nicht nur „Segeln verbindet“, ein Herr Karlsson tut es auch. Ich bin jedenfalls der Meinung, dass ich hier auch einen guten Job mache.
Also, ich bin ja sowieso lieber im Wasser als an Land, wie ihr schon wisst, aber auf dem Wasser geht auch. Ich gehe mit Kerstin sehr gerne aufs Stand(Sit ;-))-up-Paddleboard und sonne mich auf dem Brett, während sie uns über den See bewegt. Motorboot fahre ich auch, da wehen im „Hai Speed“, unserem Motorboot, die Ohren so schön. Segelschüler beobachte ich dann auch gern.
Alles in allem mache ich meinen Job und tue die Dinge, die Kerstin von mir erwartet, ob nun im ersten Zuhause in der Lüneburger Heide oder hier am Plauer See. Mir ist das total egal, Hauptsache, ich bin bei ihr. Manchmal bin ich etwas trödelig und brauche eine extra Aufforderung, aber Kerstin soll schließlich auch mal ein bisschen runterkommen. Mit Ruhe geht doch vieles auch entspannter. Manchmal nervt Kerstin, wenn ich mich so im Schnuppern verliere. Ja, was soll ich sagen, es riecht halt oft sehr gut, und da muss ich mitunter etwas länger Zeitung lesen, als ihr lieb ist. Das nervt sie manchmal. Nachdem sie öfter mal eine scheppernde Dose vor meine Pfoten geworfen hat, bin ich nun wieder etwas schneller.
Frech war allerdings vor Kurzem der Vorfall, als sie mit Freundin Iris shoppen war. Ich sollte mich brav bei H&M in eine Ecke legen, was ich auch tat. Die beiden waren dann so am Quatschen und Gucken, dass sie mich beim Verlassen des Ladens glatt vergessen haben. Gott sei Dank fiel Kerstin das gleich hinter der Ladentür auf, und so wurde ich dann auch abgeholt. Ich blieb die ganze Zeit brav liegen – denn meistens mache ich genau das, was Kerstin mir sagt.
Euer Karlsson (Hafenmeister und Seehund) mit Kerstin